Am
11. Mai 2006 traf sich die gesamte Jahrgangsstufe 12 im Chemiesaal,
wo Inge Saddan, die in Israel lebt, über ihre Erlebnisse als
jüdisches Kind in
der Au in München und über ihre Jugend in England
erzählte.
Wie
kam Inge Saddan zu uns bzw. wie kamen wir dazu, sie
bei uns begrüßen zu dürfen?
Wieder
einmal waren die Rechtsradikalen schuld – wie schon
vor 70 Jahren an der Vertreibung so auch jetzt am Wiedersehen der alten
Heimat.
Im
Jahr 2000 sollte nämlich ein Aufmarsch Rechtsradikaler
auf dem Auer Kirchplatz organisiert werden. Dagegen setzte sich
erfolgreich
eine Bürgerinitiative zur Wehr, die sich mit dem Verein „Gegen
Vergessen – Für
Demokratie“, 1993 vom früheren Oberbürgermeister Hans-Jochen
Vogel gegründet,
zusammentat und nicht nur Wurzeln früheren Lebens in der Au und in
Haidhausen,
sondern auch Überlebende aufspürte und diese
schließlich zur Eröffnung der
Ausstellung „Mitten unter uns – Jüdisches Leben in Au und
Haidhausen“ einlud.
Viele unterschiedliche Institutionen trugen zur Realisierung dieser
Ausstellung
bei, so die Weiße Rose Stiftung, die Deutsch-Israelische
Gesellschaft, das
Kulturzentrum der israelitischen Kultusgemeinde, die evangelische
Gemeinde
Sankt Johannes und die Bibliothek am Gasteig. Für ein Fortwirken
dieser
Ausstellung wird eine Schriftenreihe gleichen Titels sorgen, deren
erster Band
zum Thema „Nachbarschaften – Jüdisches Leben in Au und Haidhausen“
bereits
erschienen ist. Die Verbindung zu den ehemaligen jüdischen
Mitbürgerinnen
ist seitdem nicht mehr abgerissen und so ist Inge Saddan im Jahr
2006 zur
Israel-Woche wieder nach München gekommen.
Inge
Saddan wurde als jüngstes von drei Kindern 1930
geboren, verlebte ihre Kindheit zunächst in der
Hans-Sachs-Straße, dann in der
Mariahilfstraße und in der Baaderstraße, wo ihre Eltern
eine Wäscherei
betrieben. Inge besuchte einen Kindergarten in der Klenzestraße,
wo sie sich
zum ersten Mal ihrer Außenseiterrolle bewusst wurde, als sie von
einem anderen
Kind als „Jude“ beschimpft und geschlagen wurde. Als Ostjuden – die
Familie war
1910 von Galizien nach München umgezogen – wurde ihnen sehr bald
im Dritten
Reich die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, Nachbarn wurden
verschlossener
und ein Gefühl von Bedrückung und Angst verdichtete sich in
der Familie. Als
nach der Reichskristallnacht die Wäscherei geschlossen werden
musste, bemühten
sich die Eltern um die Auswanderung. Als sie zufällig von der
Möglichkeit,
jüdische Kinder nach England schicken zu können, hörten,
ergriffen sie diese
Gelegenheit, um ihre älteren zwei Kinder in Sicherheit zu bringen.
Das jüngste
Kind, Inge, wurde im Sommer 1939 nachgeschickt. Den Eltern gelang 1942
die Flucht über Österreich,
Jugoslawien und Spanien nach England, wo sich die Familie wieder
zusammenfand.
Als 21jährige junge Frau wanderte Inge mit ihrem englischen
Ehemann nach Israel
aus, um in einem neuen Land einen Neuanfang zu wagen.
Mit
viel Humor und detailgenau schilderte Inge
Saddan einzelne
Szenen ihres Lebens, die
umso beeindruckender waren, da sie aus großer Distanz sehr
objektiv
wiedergegeben wurden.
Wir
hoffen, Inge Saddan bei ihrem nächsten München-Besuch
wieder bei uns begrüßen zu dürfen.
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